Nachdem Alan Corrigan und ich (Marcel Bang) unser Gepäck in unserem Zimmer in Windhuk abgestellt haben, sind wir gleich als Erstes in das Hand in Hand for Children-Kinderhaus gefahren. Waren wir doch gespannt, was uns dort erwartet.

Allein die Anfahrt zum Kinderhaus in Katutura ist ein bleibendes Erlebnis, wenn auch kein schönes. Man kommt am alten Friedhof von Windhuk vorbei. Tausende Gräber sind stumme Zeugen für das massenhafte Sterben der Menschen an Aids und Tuberkolose. Die Gräber sind meist ärmlich, nur ein Kreuz oder ein kleiner Stein, sonst nichts als Sand.

 

 

 

Umso schöner ist es dann, wenn man dieses bunte, fröhliche Steinhaus erblickt. Rund 40 Kinder toben auf dem Spielplatz und die Freude ist groß, als die Kids Alan entdecken. Wie wild werden wir bestürmt, die kleinen Racker fangen spontan an, zu unserer Begrüßung zu singen und die Freude über unseren Besuch (insbesondere der von Alan, die Kinder kennen ihn ja schon fast drei Jahre) ist wirklich anrührend.

 

 

Das Haus ist in einem hervorragenden Zustand. Es ist sauber, gepflegt und der Garten ist gut bewirtschaftet. Die Leiterin des Hauses, Belinda, begrüßt uns in der Küche. Belinda ist gerade dabei, Popcorn zu produzieren. Dieses wird dann später in kleine Beutel verpackt und für 50 namibische Cent (ca. 0,6 €-Cent) an die Leute in Katutura verkauft. So verdienen sich Belinda und ihre Damen noch ein wenig Geld dazu. Und dieses ist auch bitter nötig.

Belinda und ihre Frauen versorgen im Hand in Hand for Children-Kinderhaus jeden Tag zwischen 40 und 60 Kinder. Hier bekommen die Kinder tagsüber nicht nur ein Obdach, sondern auch täglich eine warme Mahlzeit. Es wird vorschulischer Unterricht gegeben und auf dem von Hand in Hand for Children angelegten Verkehrspielplatz das richtige Verhalten im Straßenverkehr gelehrt. Einige dieser Kinder haben keine Eltern mehr, umso wichtiger ist es für sie, in einem sozialen Umfeld aufzuwachsen. Hier bekommen sie Liebe, Fürsorge und Zuspruch. Das Haus ist ein Ort, an dem sie willkommen sind. Für ein Kind ein unerlässlicher Faktor.

 

 

Wir fahren weiter nach Katutura hinein. Die Umgebung wird düsterer. Überall ist Schmutz, Sand und Elend. Quadratkilometerweit erstrecken sich die Elendsviertel. Blechhütten, meist keine drei oder vier Quadratmeter groß, reihen sich aneinander. Keine von ihnen hat Strom oder sanitäre Anlagen. Kaum vorstellbar, dass hier Menschen leben. Und doch; hunderttausende verbringen ihr ganzes Leben hier. Ein Leben in Not, Arbeitslosigkeit, Krankheit und Perspektivlosigkeit. Eine Umgebung, die Aggressiv macht. Dass hier Alkoholismus und Gewalt zur Tagesordnung gehören, kann man verstehen. Wer an einem Platz sein muss, der in der Landessprache „Ort an dem wir nicht leben wollen“ (Übersetzung von „Katutura“) heißt, der flüchtet sich in das Vergessen und lebt das Recht des Stärkeren.

 

 

 

Auf einer Berganhöhe steht sie, die Hand in Hand for Children-Suppenküche. Unübersehbar. Ein gemauertes Gebäude, das weithin sichtbar ein Zeichen der Hoffnung für viele Kinder ist.

Jeden Tag werden hier 250 bis 300 Kinder mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Der einzigen für den Tag. Ohne diese Suppenküche würden sie wohl nur einmal in der Woche etwas zu essen bekommen. Geleitet wird diese wunderbare Einrichtung von Patricia Sola.

 

 

Patricia Sola ist Gründerin der ,,Child Hope Initiative“, mit der das Projekt der Suppenküche begann. Patricia kam vor einigen Jahren nach Katutura und sah das unbeschreibliche Elend der Kinder. Sie beschloss, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, etwas zu tun. Am Tag darauf fing sie an, für einige dieser Kinder Suppe zu kochen und diese zu verteilen. Mit der Zeit wurden es immer mehr Kinder, die zu ihr kamen, so dass sie irgendwann vor unlösbaren Herausforderungen stand.

 

Als Hand in Hand for Children von dieser engagierten Frau und ihrem Projekt hörte, entschloss man sich dazu, sie bei ihrem so wichtigen Handeln zu unterstützen. Es wurde, mit der finanziellen Unterstützung des Unternehmens Sebastian Deutschland, die Hand in Hand for Children-Suppenküche gebaut. Ein festes Haus aus Stein, zu diesem Zeitpunkt das einzige massive Bauwerk weit und breit.

 

 

Um Kosten zu sparen und um Menschen aus der Region Arbeit zu geben, hat Hand in Hand dieses Projekt mit Architekten und Arbeitern aus der Region geschaffen. Seit die Suppenküche 2005 eröffnet wurde, ist der Strom von Kindern nicht abgerissen, im Gegenteil. Es bedürfte noch vieler Einrichtungen dieser Art, um den tausenden anderen Kindern hier zu helfen. Aber das ist für einen kleinen Verein wie uns leider nicht realisierbar, auch wenn man es so gerne möchte.

 

 

 

Was Patricia uns anlässlich unseres Besuches präsentiert, kann sich sehen lassen. Das Gebäude ist gepflegt, die Küche sauber. Die Kinder werden jeden Tag pünktlich und zuverlässig mit Essen versorgt.

Die Suppenküche ist ein fester Bestandteil des Viertels Okahandja-Park geworden, sie ist sogar gewachsen. Nicht nur, dass hier das Team der Special Olympics seinen Besprechungsraum hat, in dem man sich trifft und Büroarbeiten machen kann, nein, es gibt auch Schulunterricht für Vorschüler. Einige Kinder werden hier in einer so genanten Bridging-School auf die spätere Einschulung vorbereitet und lernen das Alphabet oder die Grundzüge der Mathematik. Unerlässlich für den späteren Lebensweg, denn in ihren Wellblechhütten, in denen sie leben, kann ihnen niemand dieses Grundwissen vermitteln oder beibringen.

 

35 Prozent der Kinder hier sind Voll- und 40 Prozent Halbwaisen. Viele sind mit dem HI-Virus infiziert, manche sogar, obwohl beide Elternteile nachweislich negativ sind. Dennoch schallt Kinderlachen über den Spielplatz vor dem Haus. Das ist Menschen wie Sola zu verdanken, die sich nicht unterkriegen
lassen: ,,Ich liebe diese Kinder über alles!“

 

 

 

Eine weitere helfende Hand und Freundin des Vereins Hand in Hand for Children ist die Deutsche und ehemalige Krankenschwester Jutta Rohwer (inzwischen leider verstorben). Jutta Rohwer steht uns seit unseren ersten Tagen in Namibia stets mit Rat und Tat zur Seite. Gleichzeitig ist sie die Partnerin von Patricia Sola, wenn es um die Kinder geht. Mit größtem Engagement sammelt Frau Rohwer Gelder für die Kleinsten, vermittelt, wenn es mit den Behörden schon mal hakt und greift auch einmal energisch durch, sollte sich einmal jemand gegen die Belange der Kids stellen.

 

 

 

 

Jutta berichtet uns über die Nutzung des angelegten Gartens, die Fortschritte des Special Olympic Teams und die gute Zusammenarbeit mit den Frauen aus Katutura, die hier mit der Betreuung der Kinder betraut sind. Wir sind sehr froh, dass wir dieses Projekt in Katutura angegangen sind, sehen wir doch erneut, wie wichtig es ist, diesen Kindern zu helfen. Wir machen uns wieder einmal ganz bewusst, dass man hier mit nur 21 Cent ein Kind einen Tag lang ernähren kann. Für unsere Verhältnisse ist das nahezu nichts. Hier ist es alles!